Die häufigste Ausgestaltung eines Drehgestells ist das Doppellaufwerk. Es ist oft ausdrehbar um die z-Achse unter dem Wagenkasten. (Bei Gliederzügen auch z.T. nicht ausdrehbar). Sowohl angetriebenen und als gebremsten Achsen sind Triebdrehgestelle, bei Drehgestellen mit gebremsten Achsen ohne Antrieb werden als Laufdrehgestelle bezeichnet. Es gibt auch Drehgestelle mit mehr als 2-achsen, z.B. bei Lokomotiven, Schwerlastgüterwagen, Rollende Landstrasse. Als bester Kompromiss hat sich ein Achsabstand von 2.5m ergeben. # Vorteile - Radiale Einstellbarkeit - Besserer Bogenlaufverhalten - Geringerer Verschleiss - Abbau von horizontalen und vertikalen Störungen im Gleis - Mehrstufige Federung - Eignung für höhere Geschwindigkeiten - hohe Entgleisungssicherheit ## Nachteile - durch kurzen Radsatzabstand ergibt sich in der Geraden ein unruhigerer Lauf. ## Hauptbaugruppen ![[Drehgestell Baugruppen.svg]] 1. Drehgestellrahmen 2. Wiege 3. Drehpfanne 4. Radsatzlager 5. [[Primärfederung]] 6. [[Sekundärfederung]] 7. Radsatz 8. Schwingungsdämpfer Primärfederung 9. Schwingungsdämpfer Sekundärfederung ## Grundtypen ### Grundtyp Sekundärfederung ![[Drehgestell Sekundärfederung.excalidraw.svg]] 1. Drehgestellrahmen 2. Sekundärfederung 3. Wiege mit Drehpfanne 4. Radsatzlager setzt direkt an Drehgestellrahmen an 5. Radsatz Bei einem Drehgestell ohne Primärfederung ist das Achslager des Radsatz fest mit dem Drehgestellrahmen verbunden. Zwischen Wagenkasten und Drehgestellrahmen befindet sich die Wiege, welche sich mit einer Sekundärfederung auf dem Drehgestell abstützt. Drehgestelle ohne Primärfederung werden bei Triebfahrzeugen verwendet, sowie im Güterverkehr z.B. in den USA (Barber-Drehgestell). Die Vorteile sind eine einfachere und Konstruktion. Durch die hohen ungefederten Massen muss die Sekundärfederung stark ausgelegt sein. ### Grundtyp Primärfederung ![[Drehgestell Primärfederung.svg]] Der Drehsgestellrahmen stützt sich über die Primärfederung auf den Radsätzen ab. Der Drehgestellrahmen ist ohne Sekundärfederung mit dem [[Wagenkasten]] verbunden. Diese Konstruktionsform findet Anwendung bei Triebfahrzeugen und Güterwagen. Beispiel: Drehgestell [[Y25]] #### Grundtyp Primär und Sekundärfederung ![[Drehgestell Baugruppen.svg]] Das Drehgestell mit 2 Federstufen ([[Primärfederung]] & [[Sekundärfederung]]), die Sekundärfederung ist meistens über eine Wiege abgestützt. Die Sekundärfederung erlaubt eine Querfederung durch Pendelanlenkung der Wiege. Diese Bauform findet Anwendung bei Fahrzeugen für die Personenbeförderung (Reisezugwagen) Beispiele - [[Y32]] - [[SWS Schlieren Drehgestell]] ## Anforderungen und Nachweise Die zulassungsrelevante Anforderungen und Nachweise an Auslegung, Konstruktion und Festigkeit ist in zahlreichen europäischen Normen beschrieben. TSI LOC & PAS verweist auf diese Normen Besonders wichtig sind die Lastannahmen für Festigkeitsnachweise von 1. Drehgestellrahmen 2. Radsatzwellen 3. Geometrische Auslegung von Rad und Welle ### Lastannahme Die Lastannahmen sind relevant für einen rechnerischen und experimentellen Festigkeitsnachweis. Sie beruhen auf 1. normativ vorgegebenen Werten, 2. Lastkollektiven und 3. empirische Betriebsszenarien, bzw. Erfahrungswerten. Zu berücksichtigen sind aussergewöhnliche statische Lasten, wie folgende : 1. Entgleisungen bei geringer Geschwindigkeit 2. Kollisionen (Anlaufstoss) 3. Radlängskräfte beim Spiessgang 4. Seitliche Lasten 5. Antrieb 6. Bremsungen ### Ermüdungsfestigkeitsnachweis Der Ermüdungsfestigkeitsnachweis wirkt dimensionierend für die Auslegung eines Drehgestells, folgende Ermüdungslasten müssen beachtet werden : 1. Entgleisungen bei geringer Geschwindigkeit 2. Kollisionen (Anlaufstoss) 3. Radlängskräfte beim Spiessgang 4. Seitliche Lasten 5. Antrieb 6. Bremsungen 7. Gleisverwindungen 8. Durch Systemkomponenten (Motor, Dämpfer, Bremsen) - Aufgrund der hohen dynamischen Belastungen im Betriebseinsatz - Geführt durch Ermüdungsfestigkeitsnachweis (bei Neukonstruktionen), da bei Auslegungsphase keine Lastkollektive vorhanden sind für einen Betriebsfestigkeitsnachweis Prüftstandversuche müssen zeigen, dass der Fahrwerkrahmen unter vorgegebenen Lasten weder deformiert wird noch Risse bekommt. Streckenversuche dienen zusätzlichen Festigkeitsnachweis sowie der Verifizierung einzelner Lasten und Lastannahmen. Nach Prüfstandsversuchen und Streckenversuchen kann die Freigabe der Konstruktion erfolgen. Nach Einbau der Fahrwerke in ein Fahrzeug muss Tauglichkeit und Zuverlässigkeit nachgewiesen werden. Hierzu erfolgen Fahr- und stationäre Versuche im Rahmen der fahrtechnischen Prüfung ### Festigkeitsnachweis - Festigkeitsnachweis umfasst Radsatzwelle sowie Vollräder. Es - Schadentoleranz-Prinzip - Schäden am Bauteil oder System werden toleriert - Bis zu einer bestimmten Grösse oder Anzahl - Schadenauswirkungen müssen abgeschätzt werden - steht zwischen [[Fail-Safe-Prinzip]] und [[Safe-Life-Principle]] - [[Safe-Life-Principle]] - Annahme, dass während der Lebensdauer kein Schaden auftritt - System bzw. Bauteil wird erst nach Ende der Lebensdauer ersetzt - Unabhängig davon, ob Schädigungen eingetreten sind oder nicht. - Rissfortschrittsberechnung - Ansätze aus der linearen elastischen Bruchmechanik - Beanspruchungskollektive aus Betriebsmessungen